Regnitzstadt Erlangen
Anerkennung beim offenen städtebaulichen Wettbewerb ‚Regnitzstadt‘ in Erlangen in Arbeitsgemeinschaft mit Kepler 32 und [f] landschaftsarchitektur
Auslober: Stadt Erlangen
Bearbeitungszeitraum: 03/2020 – 06/2020
Erläuterung
Leitidee
Westlich des Erlanger Hauptbahnhofs entsteht mit der Regnitzstadt ein neues Stück Innenstadt – ein lebenswertes urbanes Stadtquartier mit optimaler Verkehrsanbindung. Folgende Leitideen verfolgt das städtebauliche Konzept:
Schaffung einer urbanen Stadterweiterung …
… auf der bisher lediglich zum Parken dienenden Fläche mit ihrer attraktiven Lage zwischen der Innenstadt Erlangen und dem Landschaftsraum der Regnitzaue. Die Nutzungsmischung aus Wohnen, Gewerbe und Bildung lässt ein lebendiges Viertel entstehen.
Entwicklung eines intelligenten Verkehrskonzeptes …
… durch die Verknüpfung verschiedener Mobilitätsstränge am Erlanger Hauptbahnhof und die Konzentration des öffentlichen Parkens in externen Parkhäusern. Dies fördert zum einen den Umstieg auf alternative Verkehrsmittel zum eigenen Auto. Zum anderen hält es den Parksuchverkehr aus dem Quartier heraus.
Vernetzung des Landschaftsraumes mit der Innenstadt …
… durch die Schaffung zusätzlicher Fuß- und Radwegeverbindungen über die bisherigen Barrieren von Autobahn und Bahntrasse. So werden die Anbindung des Naherholungsraums Erlanger Wiesengrund an die Stadt verbessert und das neue Quartier selbstverständlich ins Stadtgefüge integriert.
Städtebauliches Konzept
Das städtebauliche Konzept nimmt die vorhandene Erschließung auf, welche die Fläche in zwei gleichgroße Teile teilt. Eine urbane Blockstruktur mit einer überwiegend vier- bis fünfgeschossigen Bebauung strickt das Erlanger „Schachbrett“ auf moderne Art und Weise fort.
Drei Hochpunkte markieren die nördliche und südlich Eingangssituation ins Quartier bzw. zur Stadt sowie die Quartiersmitte und den Bahnhof am Regnitzplatz. Sie machen die neue Stadterweiterung auch in der Stadtsilhouette Erlangens ablesbar.
Der große zentrale Regnitzplatz schafft eine neue gleichberechtigte Adresse für den Erlanger Hauptbahnhof. Gleichzeitig befreit er den westlichen Bahnhofszugang aus seinem Dasein als Rückseite. Es entsteht ein großstädtischer, von moderner Bebauung geprägter Platz als Gegenstück zum beschaulich-kleinteiligen Bahnhofsvorplatz.
Gleichzeitig besitzt der Regnitzplatz die Funktion der Verkehrsverknüpfung verschiedener Mobilitätsstränge. Durch das neue Plateau, auf dem sich der Busbahnhof befindet, entsteht eine östliche Platzkante und ein großzügiger Eingangsbereich zum Hauptbahnhof.
Nutzungskonzept
Das neue Quartier zeichnet sich durch eine urbane Mischung verschiedener Nutzungen aus. Alle zentralen Funktionen bündeln sich dabei um den Regnitzplatz: Die Verkehrsnutzungen (Hauptbahnhof, Parkhaus mit Mobilitäts-Hub, Busbahnhof und Haltestelle der Stadt-Umland-Bahn), das Zentrum der Berufsfachschulen für das Gesundheitswesen und die Akademie für Gesundheits- und Pflegeberufe am Universitätsklinikum Erlangen (ZBG), dessen offener Außenraum gleichzeitig als öffentlich nutzbare Wegeverbindung zwischen dem tieferliegenden Platzniveau und dem höhergelegenen Niveau des Busbahnhofs vermittelt, ein Hotel sowie eine Wohnnutzung, welche für eine durchgehende Belebung des Platzes zu allen Tageszeiten sorgt. An allen Platzseiten ist eine mischgenutzte Erdgeschosszone mit Gastronomie, Einzelhandel und Dienstleistungen vorgesehen, die alle Platzseiten bespielt und sich entlang der Neuen Münchener Straße als urbanem Straßenraum fortsetzt.
In Symbiose mit dem ZBG ist auf dem südwestlichen Grundstück ein Gründerzentrum für Startups aus dem Bereich Medizininformatik vorgesehen. Dieses stellt durch seinen 11-geschossigen Hochpunkt zugleich einen Leuchtturm für das neue Quartier dar.
Als Gegenstück dazu ist am nördlichen Ende des Plangebiets eine weitere Bildungseinrichtung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg vorgesehen, z.B. ein eigenes Institut für Epidemiologie als Spin-Off des bisherigen IMBE.
Dazwischen spannen sich in den Riegeln entlang der Autobahn (Frankenschnellweg) verschiedene Büronutzungen auf. Diese schützen zugleich die östlich gelegene sensiblere Wohnnutzung vor Lärmeintrag.
In den Baufeldern im zentralen nördlichen Bereich ist eine urbane Wohnbebauung vorgesehen. In der Erdgeschosszone beinhaltet diese zum Teil Läden, Gastronomie oder Dienstleistungen und belebt so die angrenzenden Straßenräume. Auch die Integration von Kinderbetreuungseinrichtungen ist hier vorstellbar, um so die erforderlichen Wege des alltäglichen Lebens kurz zu halten.
Verkehrskonzept
Das Verkehrskonzept sieht eine Verknüpfung und Konzentration aller Mobilitätsstränge rund um den Bahnhof vor. Hierzu gehören der Hauptbahnhof mit den Nah- und Fernverkehrszügen, die neue Stadt-Umland-Bahn (StUB) mit ihrer Haltestelle am Bahnhof, der Busbahnhof (ZOB) oberhalb der StUB-Haltestelle, eine Vorfahrt am ZOB mit Halteplätzen für Taxen und Kiss+Ride, das Parkhaus Bahnhof und das Parkhaus Innenstadt mit direkter Anbindung an Bahnhof, StUB, ZOB und Stadtzentrum – ausgestattet mit E-Ladesäulen und App-gesteuerten Plätzen für Car-/Bike-/Scooter-Sharing (Mobilitäts-Hub), eine Radstation an der ebenerdigen Rückseite des Parkhaus Bahnhof, in der neben Fahrradstellplätzen auch ein Reparatur-Service, Routen-Info und ein Fahrradverleih angeboten werden.
Um diese Bündelung – insbesondere von Busbahnhof und StUB-Haltestelle – zu erreichen und gleichzeitig einen attraktiven Bahnhofsvorplatz zu schaffen, war die Aufgabe der Münchener Straße erforderlich. Diese wird ersetzt durch die Neue Münchener Straße (ehemalige Parkplatzstraße) als zentraler Quartierserschließung und Nord-Süd-Verbindung parallel zur Autobahn.
Um die Neue Münchener Straße vom Parkverkehr zu befreien und diesen aus dem Quartier weitgehend herauszuhalten, werden die beiden oben genannten Parkhäuser vorgesehen, welche extern erschlossen sind. Über ein Park-Leitsystem werden Autofahrer von der Ausfahrt Erlangen-Nord zum Parkhaus Bahnhof geführt. Autofahrer von der Ausfahrt Erlangen Mitte werden zum Parkhaus Innenstadt (mit angrenzender Tiefgarage unter dem Busbahnhof) geleitet. Die neue StUB ist im Bereich des Busbahnhofs zunächst überbaut. Oberlichter schaffen in diesem Bereich eine natürliche Belichtung/Belüftung und visuelle Wahrnehmung. Auf dem Regnitzplatz, welcher auch die erforderliche Wendeschleife integriert, kommt die Bahn ans Tageslicht und verschwindet dann kurze Zeit später in der geplanten Unterführung unter der Autobahn. In der Regnitzaue wird die Bahn dann als Hochbahn geführt. Durch eine möglichst direkte Wegeführung über Wöhrmühle und den weiteren Wiesengrund soll der landschaftliche Eingriff so gering, wie möglich, ausfallen.
Freiraumkonzept
Das Stadtgefüge Erlangens ist geprägt von der harten Kante zwischen Stadt und Landschaft, die auch zukünftig erhalten bleibt. Dennoch soll die Vernetzung mit dem angrenzenden Freiraum als bedeutsamem Naherholungsgebiet für die Bewohner des neuen Quartiers und der Erlanger Innenstadt deutlich verbessert werden. Dies geschieht durch folgende Maßnahmen: Schaffung einer neuen Fuß- und Fahrradbrücke über die Autobahn als Landmarke (zusammen mit der im weiteren Verlauf vorgesehenen Bahnunterführung zur Helmstraße entsteht so eine neue attraktive Fuß- und Fahrradachse zwischen dem Schlossgarten, dem Schlossplatz und der Regnitzinsel Wöhrmühle), Schaffung einer lichtdurchfluteten Fuß-/Fahrradunterführung im StUB-Tunnel (westlich der Autobahn bleibt der Fuß- und Radweg auf Auenniveau und bindet über eine neue Brücke an die Wöhrmühle an) sowie Aufwertung der vorhandenen Unterführungen unter Auto- und Eisenbahn auf Höhe der Gerbereistraße. Perspektivisch ist im nördlichen Gerbereiviertel eine weitere Ost-West-Verbindung denkbar, welche die Thaler Mühle mit den vorgesehenen Handwerkerhöfen und der Erlanger Altstadt verbinden.
Auch in Nord-Süd-Verbindung bilden sich neue Fuß-/Radwegeverbindungen aus: Die Neue Münchener Straße mit baumbestandenen Fußwegen und Fahrradstreifen als städtische Achse (in ihrer südlichen Fortsetzung entsteht über einen neuen Zugang ein Fußwegeanbindung an den Neustädter Friedhof), parallel dazu die begrünte Wegeverbindung entlang des Frankenschnellwegs sowie ein durchgängiger Fuß-/Radweg entlang der Westseite der Eisenbahntrasse, der direkt an den Bahnsteig Richtung Nürnberg sowie den Busbahnhof anbindet.
Der zentrale urbane Freiraum der Regnitzstadt ist der Regnitzplatz mit seiner großzügigen Grünfläche. Dieser inszeniert die Wendeschleife der Stadt-Umland-Bahn als gestalterisches Element. Die Rasenfläche bietet ein vielfältiges Angebot, um die Wartezeit auf den nächsten Zug zu verkürzen.
Etwas weiter nördlich liegt der intimere Quartiersanger, welcher als Freiraum für die Bewohner des neuen Stadtviertels dient. Mit dem dortigen Biergarten lädt er auch zu einem letzten Radler ein, bevor man sein Fahrrad an der Radstation zurückgibt. Das südliche Parkhaus mit Gründach bietet neben Liegeflächen mit attraktiver Aussicht auf Stadt und Regnitzaue auch Sportangebote.